Mietpreisbremse ungültig: Müssen jetzt die Bundesländer betroffene Mieter in Milliardenhöhe entschädigen?
- Paradox: Während die sogenannte “Mietpreisbremse” auf Landesebene immer weiter ausgesetzt wird, beschließt die Bundesregierung eine Verschärfung des Gesetzes.
- Bürokratische Formfehler führten dazu, dass Gerichte in Hessen, Brandenburg, Berlin, Bayern und zuletzt Baden-Württemberg die Mietpreisbremse für ungültig erklärten.
- Das LegalTech-Startup wenigermiete.de fordert nun per Staatshaftungsklage, dass die Bundesländer die Mieter finanziell entschädigen, da diese für die Formfehler verantwortlich seien. Gründer Daniel Halmer schätzt die Summe der potentiellen Ausgleichszahlungen auf mehrere hundert Millionen Euro pro Jahr.
- Baden-Württemberg reagiert: Nachdem das Amtsgericht im Fall eines wenigermiete.de-Mandaten die Mietpreisbremse zu Fall brachte, und wenigermiete.de die Staatshaftungsklage ankündigte, fordert Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut „schnellst mögliche Rechtssicherheit“ und verkündet umgehend die Arbeit an einer neuen Verordnung.
Während die Bundesregierung gerade erst eine Verschärfung der sogenannten Mietpreisbremse beschlossen hat, wird die erste Version des Gesetzes von 2015 immer weiter ausgesetzt: Nun haben nach Bayern, Hessen, Brandenburg und Berlin auch Gerichte in Baden-Württemberg die Mietpreisbremse in Frage gestellt, weil dem Land Formfehler bei der Umsetzung unterlaufen seien.
Das Startup www.wenigermiete.de fordert, dass die Bundesländer solche Mieter finanziell entschädigen, die ansonsten von der Mietpreisbremse hätten Gebrauch machen können. Gründer und Rechtsanwalt Dr. Daniel Halmer will dafür bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen. Sie soll in über 300 deutschen Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt Mietwucher verhindern. Doch die Mieten steigen weiter rasant an, denn knapp die Hälfte aller neuen Mietverträge verstößt gegen die Mietpreisbremse, wie eine Studie von Miettest. e.V. im Auftrag der Grünen herausfand. Millionen deutscher Haushalte könnten die Miete monatlich um durchschnittlich 150€ senken. Miettest rechnet vor, dass deutsche Mieter zwischen Einführung des Gesetzes in 2015 und 2020 insgesamt 1,5 Milliarden Euro zu viel Miete zahlen. Jetzt wird diesen Mietern Schritt für Schritt die rechtliche Grundlage entzogen, eine Senkung ihrer Miete gerichtlich einzufordern.
Denn die Mietpreisbremse wurde in Hessen, Bayern, Brandenburg, Hamburg und vor wenigen Tagen nun auch in Baden-Württemberg von Gerichten für ungültig gehalten, weil die Landesregierungen Fehler bei der Umsetzung gemacht haben sollen. Die entsprechenden Landesverordnungen seien nicht ordentlich begründet oder/und veröffentlicht worden.
In Bayern geht das Startup wenigermiete.de, welches bereits für tausende Haushalte Mieterrechte erstritten hat, nun gerichtlich gegen dieses Urteil vor:
Die Vorgaben aus Berlin sind immer klar gewesen: Die Verordnung muss von den Landesregierungen nicht nur erlassen, sondern auch begründet und dann veröffentlicht werden. Letzteres scheint in den Ministerien vieler Bundesländern nicht geschehen zu sein. Es kann nicht sein, dass in einer Behörde geschlampt wird, und Millionen Mieter in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Berlin den schwarzen Peter haben und ihre Rechte nicht nutzen können.wenigermiete.de-Gründer Daniel Halmer
Auch in Baden-Württemberg bereitet wenigermiete.de entsprechende Schritte vor. Dort hat das Amtsgericht Stuttgart die Mietpreisbremse kürzlich für ungültig gehalten. Folgt in der nächsten Instanz auch das Landgericht dieser Einschätzung, sieht wenigermiete.de-Gründer die Grundlage geschaffen, auch in Baden-Württemberg das Land in die sogenannte “Staatshaftung” zu nehmen und Schadensersatz für die Mieter zu fordern:
Wir laden alle Mieterinnen und Mieter in Baden-Württemberg ein, sich unserem Musterprozess mit einer formlosen E-Mail anzuschließen. Wenn wir gegen das Bundesland gewinnen, können wir dann gemeldet Fälle kurzer Hand wieder aufnehmen und die Entschädigung für diese Mieter einfordert.wenigermiete.de-Gründer Daniel Halmer
Immerhin: Laut einem Bericht der DPA, hat die Landesregierung von Baden-Württemberg nur einen Tag nach der Entscheidung des Amtsgerichts verkündet, die Verordnung zu überarbeiten und neu zu erlassen. Das aber ändere nichts an der Grundlage für die Staatshaftungsklage, wie Halmer erklärt: „Eine neue Verordnung würde nur für Mietverträge gelten, die nach dem Erlass einer solchen Neuverordnung geschlossen werden. Das kann noch Monate dauern. Und es ändert nichts daran, dass das Land den Anspruch von Verbrauchern/Mietern vergeigt hat, die Mietverträge bis zum neuen Erlass schließen oder in den letzten drei Jahren seit der erstmaligen Einführung der Mietpreisbremse geschlossen haben.“
Auch für die Organisation der finanziellen Mittel aus den Landeshaushalten hat Halmer einen Vorschlag:
„Was passiert ist, gleicht einem juristischen Unglücksfall. Für Naturunglücke stellt der Staat gern Soforthilfen zur Verfügung. Wir regen an, dass die Landesregierungen für Mieterinnen und Mieter Sonderfonds aus ihren laufenden Haushalten zur Entschädigung zur Verfügung stellt. Dann muss das alles nicht gerichtlich ausgetragen werden.wenigermiete.de-Gründer Daniel Halmer
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